Das spanische Bildungssystem unterteilt sich in drei Bildungsbereiche: Die Grundschule, die Sekundarstufe und die höhere Bildung in Form eines Studiums oder einer höheren Berufsausbildung. Es besteht die allgemeine zehnjährige Schulpflicht vom sechsten bis zum 16. Lebensjahr. Vor dem Schuleintritt wird Kindern im Alter zwischen null und sechs Jahren eine freiwillige Vorschule, die „Educación Prescolar“, angeboten. Diese unterteilt sich in zwei Altersstufen: von null bis drei Jahren und von drei bis sechs Jahren. Die Voraussetzung für den Erwerb von Kulturtechniken soll in dieser Zeit gelegt werden. Ab dem sechsten Lebensjahr durchläuft ein spanischer Schüler mindestens zwei Bildungsbereiche: die Grundschule, die „Educación Primaria“, und die Sekundarstufe I, die „Educación Secundaria Obligatoria, ESO“. In Spanien wird die Sekundarstufe nicht in Haupt-, Realschule und Gymnasium unterteilt. Binnendifferenzierter Unterricht trägt den unterschiedlichen Leistungs-vermögen Rechnung.
Die Grundschule dauert sechs Jahre und verhält sich analog zu den deutschen Bundesländern Berlin und Brandenburg. Die Schüler werden mit sechs Jahren eingeschult und verlassen die Grundschule mit dem 12. Lebensjahr. Diese sechs Jahre unterteilen sich in drei Zyklen, von denen zwei zusammengefasst werden. Das heißt, dass Schüler, die im ersten Jahr eines Zyklus nicht den geforderten Leistungen entsprechen, eine zusätzliche Chance erhalten. Erst wenn sie im zweiten Jahr desselben Zyklus unterhalb der Norm bleiben, wiederholen sie das Schuljahr. Nach jedem Jahr werden Noten erhoben und Zeugnisse ausgestellt. Die Leistungsbewertung findet auf einer Skala von eins bis zehn Punkten statt: zehn Punkte entsprechen der besten Note. Bereits in der Grundschule lernen die Schüler eine erste Fremdsprache, zumeist Englisch und eine der vielen regionalen Sprachen wie Katalanisch, Baskisch, Valencianisch oder Galizisch usw.
Das spanische Schulsystem - Sekundarstufe I und II
Der zweite Bildungsbereich ist die Sekundarstufe I, die „Educación Secundaria Obligatoria (ESO)“. Sie dauert vier Jahre und wird mit dem 16. Lebensjahr abgeschlossen. 75,1% aller Schüler erhalten den Titel „graduado“, was dem Mittleren Schulabschluss in Deutschland entspricht. Nach Abschluss der allgemeinen Schulpflicht eröffnen sich innerhalb der Sekundarstufe II zwei unterschiedliche Laufbahnen: das zweijährige Abitur, „el bachillerato“ und eine schulische Berufsausbildung des ersten Grades, „la formación profesional del grado medio“.
Die Sekundarstufe I stellt in der Regel eine Vorbereitung auf das Abitur dar und orientiert sich am französischen Vorbild. In Spanien wie in Frankreich findet der Unterricht auch in den Nachmittagsstunden statt. Den Schülern wird innerhalb des Schulgebäudes ein Mittagessen angeboten; finanzschwache Eltern können einen Zuschuss beantragen.
Als Ziel des spanischen Rahmenplans wird das Abitur definiert und in der Folge ein Studium. 52,1% aller spanischen Schüler erlangen das Abitur. Anders als im dreigliedrigen Schulsystem findet eine Selektion erst nach der Sekundarstufe I statt. Ab dem 16.
Lebensjahr entscheidet sich, ob ein spanischer Schüler ein Abitur, eine Berufsausbildung oder einen berufsvorbereitenden Aufbaukurs absolviert. Das so genannte PCPI, „Programa Cualificación Profesional Inicial“ bereitet leistungsschwächere Schüler auf eine Berufsausbildung des ersten Grades vor. Neben dem elementaren Unterscheidungsmerkmal eines ein- oder dreigliedrigen Schulsystems unterscheidet sich das spanische Schulsystem in anderen Bereichen vom deutschen Bildungswesen: Das aus dem Jahr 1990 stammende Gesetz zur Reform des spanischen Bildungswesens, „Ley Orgánica de Ordenación del Sistema Educativo, LOGSE“ regelt die Mitbestimmung an den Sekundarstufen, den „Institutos“, und die Rahmenpläne in privaten und öffentlichen Schulen. 30% der Schüler besuchen eine Privatschule, die sich zumeist in der Trägerschaft der katholischen Kirche befindet. Es ist den Schülern freigestellt, für welchen Schultyp sie sich entscheiden.
Was die Kompetenzverteilung der spanischen „Institutos“ und die Erstellung derer Rahmenpläne anbelangt, verhält sich das spanische Bildungssystem analog zum deutschen Bildungswesen. Es gibt eine Zentralregierung, die mit dem Ministerium für Bildung, Kultur und Sport ca. 45% der Lehrinhalte festlegt. 55% liegen in der Zuständigkeit der Autonomen Regionen. Auch wenn sich die Lehrinhalte überschneiden, verzichtet die spanische Regierung aus historischen Gründen, ähnlich der Kultusministerkonferenz in Deutschland, auf ein Zentralabitur, um den Autonomen Regionen mehr Freiheit einzuräumen.
Die spanische Berufsausbildung
Im Rahmen der Sekundarstufe II kann ein spanischer Schüler eine Berufsausbildung, einen „Ciclo Formativo“ absolvieren. Dieser „Ciclo Formativo de Grado Medio, CFGM“ findet an einem „Instituto“oder an einem Ausbildungszentrum statt und dauert zwei Jahre. Während dieser Berufsausbildung, die auch „Formación Profesional, FP“ genannt wird, absolviert ein Auszubildender ca. 200 Stunden Praktikum. Da es sich um eine schulische Ausbildungsform handelt, liegt das Curriculum zu 60% in der Zuständigkeit der spanischen Zentralregierung und zu 40% bei den Autonomen Regionen.
Es gibt zu den meisten deutschen Ausbildungsberufen eine spanische Entsprechung. Nach Abschluss von zwei Jahren erreicht ein Auszubildender den Titel „Técnico“, nach weiteren zwei Jahren und Abschluss der höheren Berufsausbildung, dem „Ciclo Formativo de Grado Superior, CFGS“, den Berufstitel „Técnico Superior“. Mit diesem Titel erwirbt der Absolvent automatisch die berufsbezogene Hochschulreife. 30% aller Studienplätze werden den Absolventen der höheren Berufsausbildung zugeteilt. Wie im dualen Studium aus dem deutschen Hochschulwesen wird ein hoher Praxisbezug sichergestellt.
Das spanische Studium
Das spanische Hochschulwesen, die „Educación Superior“, stellt den dritten Bildungsbereich des spanischen Bildungswesens dar. Zulassungsvoraussetzung sind der Abschluss einer höheren Berufsausbildung oder das Abitur. Um den Zugang zu verknappen, finden seit dem Jahr 1975 Auswahlprüfungen, die so genannten „Selectividades“, statt. In ihnen werden Inhalte des spanischen Abiturs abgefragt und entsprechen dem Numerus Clausus in Deutschland. Das Studium findet an den „Universidades“, den Universitäten, den „Escuelas Técnicas Superiores“, den technischen Hochschulen oder an den „Escuelas Universitarias“ statt. Letztere entsprechen den deutschen Fachhochschulen.
Vor der Bologna-Reform beinhaltet das spanische Studiensystem drei unterschiedliche Titel: die „diplomatura“ nach drei Studienjahren und die „licenciatura“ nach fünf Studienjahren. Durch die Verfassung einer Dissertation erhält man das „doctorado“, das dem deutschen Doktortitel entspricht. Mittlerweile, zur Etablierung eines einheitlichen europäischen Hochschulraumes, vergibt man die Titel „Bachelor“ oder „grado“, das einem drei- bis vierjährigen Studium entspricht und in der Folge den „Master“, einen postgradualen Universitätsabschluss nach einem ein- bis zweijährigen Studium.