Spanische Busfahrer beginnen am 09.02.2015 ihren Dienst in Sömmerda. Der Öffentliche Personennahverkehr in Sömmerda ÖPNV mit Verstärkung aus Europa. Nach dem Platzen der Immobilienblase beginnt im Jahr 2008 die spanische Wirtschaftskrise. Es handelt sich um die größte Wirtschaftskrise seit dem Beitritt Spaniens in die Europäische Union. Die Arbeitslosigkeit ist zwar immer hoch gewesen, jedoch erreicht sie im Jahr 2013 mit mehr als 27% einen historischen Höchststand. Auch wenn die Beschäftigtenzahlen im Frühjahr 2015 etwas positiver ausfallen, sagen die Prognosen des IWF eine dauerhafte Erwerbslosigkeit von über 20% voraus. Seit 1985, dem Eintritt Spaniens in die EU, ist diese Marke noch nie so hoch gewesen und damit die höchste innerhalb der Europäischen Union.
Der Beschäftigungsbereich des Transportwesens ist in besonderer Weise von der Erwerbslosigkeit betroffen, da dieser stark von der Baubranche abhängig ist. Mehr als ein Drittel aller Fahrer im Transportwesen haben seit 2008 ihren Arbeitsplatz verloren. Bereits vor der Krise sind mehr als 30% aller Arbeitsverträge auf sechs Monate befristet und daher für Entlassungen besonders anfällig. Unter den prekär Beschäftigten befinden sich Personen ab 45 Jahren und unter 30 Jahren. Besonders stark betroffen sind die Jugendlichen. Es befindet sich mehr als die Hälfte aller Personen unter 25 Jahren in Spanien ohne Job. Wenn sich die junge Generation nicht ihre Chancen auf eine Zukunft in Arbeit verspielen möchte, muss sie sich Gedanken über Alternativen machen.
Es ist bereits die Rede von der verlorenen Generation, die in Zeiten der Rezession trotz einer exzellenten Ausbildung keine Perspektiven auf dem heimischen Arbeitsmarkt besitzt. Die anhaltend hohe Arbeitslosigkeit zwingt diese Personen, ins Ausland zu ziehen. Mehr als 300 000 Spanier haben in den letzten Jahren die Jobsuche aufgegeben und sind ausgewandert, darunter viele nach Deutschland. Es sind nicht mehr nur Jugendliche, sondern auch Erwerbsfähige mittleren Alters, die der iberischen Halbinsel den Rücken gekehrt haben. Das Vertrauen in eine Wende am heimischen Arbeitsmarkt ist verspielt. Neben Südamerika, das wegen der Sprache ein attraktives Ziel ist, sind es vor allem die nordeuropäischen Länder, in denen die Auswanderer ihr Glück suchen.
Spanische Fachkräfte wandern nach Deutschland aus
Deutschland und die Schweiz gelten in Spanien als Arbeitsmärkte mit vielfältigen Beschäftigungsmöglichkeiten, da sich beide Länder in den letzten zehn Jahren wirtschaftlich gut aufgestellt haben. Sie scheinen gegen den europäischen und weltweiten Abwärtstrend resistent zu sein. Die deutsche Industrie und die ausgeprägte Innovationskraft des deutschen Arbeitsmarktes strahlen ins europäische Ausland. Deutschland repräsentiert für spanische Fachkräfte eine vielversprechende Perspektive, um den erlernten Beruf auszuüben. In den deutschsprachigen Ländern herrscht häufig eine entgegengesetzte Situation.
Der Beschäftigungstrend ist nicht nur positiv, in vielen Regionen herrscht sogar Vollbeschäftigung oder ein akuter Fachkräftemangel wie im Gesundheitssektor und im Transportwesen. Vor allem in ländlichen Regionen gelingt es vielen Betrieben nicht mehr, ihre offenen Stellen zu besetzen. Besonders groß ist die Nachfrage nach qualifiziertem Personal im Ingenieurwesen, in der Medizin und im Transportwesen. Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag hat mit seinen spanischen Partnern Programme zur Anwerbung von spanischen Facharbeitern aufgelegt, um jungen Spaniern ein Praktikum mit der Aussicht auf eine Stelle anzubieten oder direkt einen sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplatz in Festanstellung. Voraussetzung ist neben der Anerkennung ihrer Ausbildung und eine gute Kenntnis der deutschen Sprache. Mittlerweile gibt es Unternehmen, die sich auf die Personalvermittlungen aus dem EU-Ausland spezialisiert haben. Auf die Dienste eines Personaldienstleister hat sich das Transportunternehmen ÖPNV aus Sömmerda verlassen. Der Geschäftsführer Kunz hat nach einem dreimonatigen Sprachkurs und einem umfangreichen Auswahlverfahren noch in Spanien die Arbeitsverträge unterschrieben. Seit dem 09. Februar 2015 verstärken sechs spanische Busfahrer
die Belegschaft des Busunternehmens und sorgen für eine nachhaltige Entlastung. Herr Kunz legt großen Wert auf die Tatsache, dass es sich um eine Entlastung der Belegschaft handelt und nicht um die Anwerbung billiger Arbeitskräfte. Die spanischen Fahrer erhalten die gleichen Vergünstigungen wie ihre deutschen Kollegen und werden durch berufsbegleitende Sprachkurse weiterhin auf Deutsch geschult, so dass der Einstieg in die neue Arbeitsumgebung gelingt. Aller Anfang ist schwer, jedoch haben die Fahrer gezeigt, dass sie nicht nur den nötigen Mut mitbringen, sondern auch die Fähigkeiten besitzen, sich den neuen Herausforderungen zu stellen. Herr Kunz ist zuversichtlich und erleichtert, da es ihm auf dem heimischen Arbeitsmarkt nicht mehr möglich ist, Personal zu rekrutieren. Seine Erfahrungen sind mit denen vieler Konkurrenzunternehmen vergleichbar: Stellenausschreibungen bleiben unbeantwortet und die wenigen Bewerber, die sich vorstellten, wollen nur einen Stempel für die örtliche Arbeitsagentur. Anders dagegen ist die Motivation bei den spanischen Busfahrern. Sie freuen sich auf eine langfristige Perspektive in Deutschland. Laut Herrn Kunz treffen hier zwei Bedarfslagen aufeinander: motivierte Busfahrer für ein unbefristetes Arbeitsverhältnis.