Die Erwerbslosenquote ist seit der spanischen Immobilienkrise im Jahr 2007 stark angestiegen. In ihrer Gesamtheit verzeichnet sie einen Anstieg von 8,3% im Jahr 2007 auf 27,2% im Frühjahr 2014. Das stellt ein historisches Hoch seit Beginn der parlamentarischen Monarchie und dem Beitritt zur EU im Jahr 1985 dar. Die Verteilung der Erwerbslosigkeit stellt sich in Bezug auf das Alter und die Ausbildung sehr unterschiedlich dar. Bei der Gruppe der Hochschulabsolventen fällt sie geringer aus als bei Absolventen einer Berufsausbildung oder Personen mit einem mittleren Schulabschluss.
Im Jahr 2007 liegt die Erwerbslosenquote von Hochschulabsolventen noch bei 5,4%. Sie steigt bis zum Jahr 2014 auf 16,5% an. Damit ist die Gruppe der Hochschulabsolventen um 10,7% weniger von Erwerbslosigkeit betroffen als die Vergleichsgruppe der Nicht-Hochschulabsolventen. Hiervon auszunehmen ist der Gesundheitssektor, der in besonderer Weise unter dem Einfluss der Sparmaßnahmen der spanischen Regierung steht. Allein hier wurden 30% der Finanzmittel eingespart, so dass die Erwerbslosigkeit bei den unter 30-jährigen Pflegekräften bei deutlich über 80% liegt. Was den gesamten akademischen Arbeitsmarkt anbelangt, trifft jedoch die Aussage zu: je qualifizierter eine Erwerbsperson ist, umso geringer ist das Risiko, von Erwerbslosigkeit betroffen zu sein.
Risikoverteilung von Erwerbslosigkeit
Im Jahr 2012 befinden sich bereits 39,7% der 20-24-jährigen ohne Erwerbsarbeit. Frauen sind in dieser Altersgruppe um 3% stärker vertreten als Männer. Die Erwerbslosenquote der Jugendlichen und jungen Erwachsenen erreicht ihren Höhepunkt im Frühjahr 2014. 56,3% sind als erwerbslos gemeldet. Mit zunehmenden Alter sinkt die Erwerbslosigkeit wieder bis sie ab dem 55 Lebensjahr stark ansteigt. Die Altersgruppen der unter 25 und der über 55-jährigen sind am stärksten von Erwerbslosigkeit betroffen.
Wenn man Spanien mit anderen westeuropäischen Ländern vergleicht, fällt auf, dass die Erwerbslosigkeit selbst in Zeiten des wirtschaftlichen Aufschwunges dreimal so hoch ist wie der Durchschnittswert aller Mitgliedsstaaten der OECD. Auch die Quote der Erwerbslosigkeit von Hochschulabsolventen ist in Spanien doppelt so hoch wie im OECD-Durchschnitt, so dass der Internationale Währungsfond IWF von einem strukturellen Problem am spanischen Arbeitsmarkt ausgeht. In Zeiten des wirtschaftlichen Aufschwunges ist die Erwerbslosigkeit in Spanien auf dem Niveau Deutschlands, wenn es sich in einer Wirtschaftskrise befindet. Somit haben laut IWF nicht nur die Ausbildung, sondern auch die Erwerbsmöglichkeiten einen entscheidenden Einfluss auf die Erwerbslosenquote.
Erwerbslosigkeit und Qualifizierung spanischer Fachkräfte
Im Jahr 2015 liegt die durchschnittliche Arbeitslosigkeit innerhalb der OECD bei 5,1%, wenn man die Altersgruppe der 25 bis 64-jährigen betrachtet.
Spanien weist in dieser Altersgruppe eine Quote von 13,5% auf und ist damit mehr als doppelt so hoch wie der OECD-Durchschnitt. Auch in den anderen Altersgruppen gibt es Unterschiede im internationalen Vergleich. Während in der Altersgruppe der 25 bis 34-jährigen die Erwerbslosigkeit innerhalb der OECD-Staaten bei 7,1 liegt, sind in Spanien in der gleichen Altersgruppe 18,7% ohne Erwerbsarbeit. Diese Daten zeigen, dass die Erwerbslosigkeit in Spanien vor allem ein Problem der jüngeren Erwerbsbevölkerung ist und auch, dass der Unterschied zwischen Personen mit und ohne Hochschultitel größer ist als im OECD-Mittel.
In Spanien ist die Erwerbslosigkeit von Menschen ohne Universitätsabschluss um 9% höher als bei Menschen mit einem vergleichbaren Abschluss. Im OECD-Durchschnitt liegt dieser Unterschied bei 2,5%. Das heißt, ein Hochschultitel hat in Spanien einen größeren Einfluss auf die Erwerbssituation und eine andere Bedeutung für den Arbeitsmarkt.
Ein akademischer Abschluss vermindert überdurchschnittlich das Risiko, erwerbslos zu werden. Jedoch bedeutet eine akademische Karriere in Spanien nicht zwangsläufig eine überdurchschnittlich bessere Bezahlung. Denn ein Hochschulabschluss führt nur zu 40% mehr Lohn. Der OECD-Durchschnitt liegt hier bei 57%.
Ein Hochschulabschluss vermindert in Spanien zwar das Risiko der Erwerbslosigkeit, jedoch verbessert er im OECD-Vergleich nur unterdurchschnittlich die Erwerbseinnahmen. Der spanische Arbeitsmarkt hat offensichtlich weniger Vertrauen in die Schul- und Berufsausbildung seiner Absolventen als in Deutschland, wo die duale betriebliche Ausbildung einen hohen Stellenwert genießt. Um diese Situation zu verändern, gibt es Initiativen, eine betriebliche duale Ausbildung in Spanien einzuführen, um neben der höheren Berufsausbildung einen weiteren Ausbildungszweig zu etablieren.
Man verspricht sich eine Qualitätssteigerung in der Produktion, in der Dienstleistungsbranche und eine größere Nähe zur betrieblichen Wertschöpfungskette. Je näher die Ausbildung an die Anforderungen der Wirtschaft rückt, umso höher ist die Produktivität der Absolventen.